Alexej Jawlensky, Die Kunst ist eine geistige Sprache

… unter Gleichgesinnten

… noch bis zum 03.03.2024 zeigt das Kunstmuseum Ravensburg ALEXEJ JAWLENSKY, DIE KUNST IST EINE GEISTIGE SPRACHE – eine monographische Ausstellung. 

… unter Gleichgesinnten ist das, unter Ravensburger Obhut verweilende „Spanische Mädchen, 1908“ von Alexej Jawlensky, – aus Vorbesitz von David Rockefeller, NY, USA – chronologisch eingebettet, in eine‚Gesamtschau von Jawlinskys Ouevre en Miniature‘. ‚En Miniature‘ deshalb, da es Direktorin Dr. Ute Stuffer und ihrem Team gelungen ist, einzelne Werke exemplarisch für die verschiedenen Schaffensperioden Jawlenskys auszuwählen, die für die selbigen sprechen.

… aus Künstlerperespektive waren Gleichgesinnte, Wegbereiter- und -begleiter in Jawlinskys Leben von zentraler Bedeutung einerseits, andereseits waren es progressive neue Ansätze wie die, der Pariser Avantguard. Es waren insbesondere Claude Monet, Paul Cézanne, Gauguine und Matisse, an deren Vision von Impressionismus, Moderne und Fauvismus sich Jawlinsky in verschiedenen Phasen seines Schaffens orientierte und abarbeitete; deren malerisches Werk er mit eigenem Duktus selbsterfahrend in der Praxis durchdringen wollte, und sich so eine Eigenständigkeit in den jeweiligen Werken – im Wesen der Dinge für den Betrachter erfahrbar machte. 

Der französische Einfluss einerseits – gleichzeitig Jawlenskys vernetzt kunstschaffendes Agieren in Deutschland und seinen Kontakten nach Berlin, Freundschaften mit Gabriele Münter und Wassily Kandinsky, zu den Blauen Reiterern und anderen Münchner Kollegen prägten sein Werk sichtbar. 

Beginnend mit Jawlenskys Schwabing Zeit um 1900 zeigt die Ausstellung frühe Stillleben im Neo-Impressionistischen Stil, frühe Landschaftsbilder des Münchner Umlands zum einen und zum anderen bereits erste Loslösung desselbigen Stils – hin zu einer Orientierung in Richtung seiner farbintensiven,  expressiven Portraits und Halbportraits im eigenständigen Ausdruck.

Quelle: Text in der Ausstellung im Kunstmuseum Ravensburg

Zentral im grossen Saal hängt es nun – das „Spanische Mädchen (1908)“ – die von den Ravensburgern auch titulierte „MONA LISA Ravensburgs “ – neben einer scheinbar ‚Gleichgesinnten‘ – der „PRINZESSIN MIT WEISSER BLUME, 1913 aus der Sammlung Horst und Gabriele Siedle Kunststiftung,Furtwangen. 

In kräftiger, strahlende Farbigkeit, mit schwarzen Konturen zeigt sich die Linie als zentrale Kraft und formgebendes Element in den Portraits von 1908 und 1913. Strahlende Farbigkeit durch rote und orange und weisse Blumen beidseitig vom Kopf beiden Damen in beiden Bildern bricht das schwarzen und blauschwarzen Haar auf. So spiegeln die Blumen sicherlich die und Extravaganz dieser Zeit in Form von Blumen wieder, gleichzeitig highlighten sie Blicke der beiden Damen – bei der einen schon fast gelangweilt – beider anderen – neugierig fragend. 

Mit dem Ausbruch des ersten Weltkriegs 1914 endet abrupt  Bildgröße, Bildinhalt, Bildthematik und Farbigkeit. 

Weg vom Portrait setzt sich Jawlensky in seinem Schweizer Exil Saint Prex am Genfer See – fernab jeglichen, bisherigen Münchner luxuriösem Lebensstil mit seinem unmittelbaren Blick aus seinem Zimmer auseinander. 

Den Blick aus seinem Fenster hält Jawlensky auf Leinwand fest. Farbfelder formieren dabei Bäume, Büsche und den Blick in die Ferne. 

Mit dem Umzug nach Zürich wechselt Jawlensky erneut sein Sujet.

Quelle: Text aus der Ausstellung Kunstmuseum Ravensburg

Dabei dient das menschliche Gesicht als Inspirationsquell, mit zunehmend signifikanter Konturauflösung. Blattfüllend sind dabei die Aussenkonturen des Gesichts. Wenige Striche formen die Augenpartie. Sie werden unterstützt durch farbreduzierte pastellige Farbflächen. Jawlensky arbeitet fortan deutlich abstrahierter und reduziert an seinen  – von ihm als  „Christusköpfen“ bezeichneten Werken, die final in seinen letzten Werkserien, den Konstruktiven Köpfen oder Heilandsbilder ihre neuen und gleichzeitig finalen, mystisch tiefgreifenden Ausdruck finden. Die Farbigkeit und das Strahlen der  Gesamtkomposition wandelt sich mehr und mehr in eine meditative, mystische – und gleichzeitig geistige Sprache in den letzten Jahren vor seinem Tod. Dieser Sprache der Kunst verpflichtet – letzte Kräfte mobilisierend wird das Wesentliche im Bild manifestiert

Die Ausstellung und schliesst farbreich mit stark deckenden, stark gemischten, erdigen Farbtönen, den kleinformatigen Köpfen aus der den Sammlungen des Kunstmuseums Wiesbadens, Sammlung Gunzenhauser Chemnitz und Werken aus Privatbesitz ab. 

Quelle: Abschliessende letzte Wand der Ausstellung im Kunstmuseum Ravensburg. Alexej von Jawlensky. Die Kunst ist eine geistige Sprache. 

… eine wirklich einzigartige und gleichzeitig für Ravensburg und das Spanische Mädchen „über-Fällige“ Ausstellung geht zu Ende. 

… der zusätzliche Film im EG offeriert zusätzliches für ein tieferes Kontextverständnis zum Werk JAwlinskys bis 1921. Leider endet genau dieser Film vor Jawlenskys Wiesbadener Jahren ab 1921. Der Film entzieht sich genau diesen beiden Wänden die in der Ausstellung gezeigt werden. Zurück in Deutschland  ist diese Zeit eine Zeitenwende in der Jawlenskys Leben neue Gleichgesinnte, neue Vermarktungswege in den USA und der Künstlerzusammenschluss der „Blue Four“ – also der Künstlergruppe Lionel Feininger, Wassily Kandinsky, Paul Klee und Alexej Jawlensky – neue Gleichgesinnte fordert und Jawlensky fördert. Es ist eine zunehmend schwere Zeit der Reprässalien in Deutschland. Die innere Emigration zeigt sich in der Kunst der geistigen Sprache. 

Insbesondere das Netzwerk Gleichgesinnter, heimlichen Helden und Unterstützern und „Nothelferinnen“ in Wiesbaden wie Lisa Kümmel und Hanna Bekker von Rath bleiben unerwähnt… es sind Gleichgesinnte in einer geistigen Sprache einerseits – und einer emotionalen und monetären Größe der Zeit andererseits.

… es bietet Anlass genug, über diese schweren Jahre Jawlenskys eine weitere Ausstellung folgen zu lassen… 

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